Der Winterrebschnitt im Weingarten

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, nach welchen Kriterien der Winzer seine Weinstöcke schneidet? Warum manchmal alle Triebe weichen müssen und andernorts mehrere Triebe himmelwärts stehen? Hans Weiss, Winzerpartner der Sektkellerei SZIGETI in Gols, kennt die spannenden Antworten.

Die Brüder Hans und Andreas Weiss bewirtschaften das Weingut Weiss-Taschner in Gols am Neusiedlersee. 18 Hektar Weingarten und der Heurigenbetrieb bieten für die ganze Familie rund ums Jahr reichlich Beschäftigung. Bei aller Betriebsamkeit ist für die Brüder eines klar: Die Reben schneiden sie ausschließlich selbst. Dabei legen die engagierten Winzer Anzahl und Länge der Ruten fest und setzen damit den Grundstein für Menge und Qualität des nächsten Jahrgangs.

Herr Weiss, warum werden Reben überhaupt geschnitten?

Wer Trauben von hoher Qualität will, muss schneiden. Wenn man einen Rebstock betrachtet, sieht man an den Ruten kleine, rundliche Verdickungen, die wie die Knospen an Bäumen aussehen. Aus diesen Augen entwickeln sich neue Triebe. Für die Qualität der Trauben und die Quantität, also die Ertragsmenge, ist die Augenanzahl entscheidend. Früher hat man 3 bis 4 Ruten pro Stock stehenlassen, um einen hohen Ertrag zu erzielen. Heute setzen wir auf Topqualität, das heißt, dass nur eine, maximal zwei Ruten mit insgesamt 8 bis 12 Augen am Stock verbleiben. Würde man keine Schnittreduktion durchführen, entstünde eine enorm hohe Knospenanzahl, die auch hohe, allerdings fragwürdige Qualitäten ergäbe.

Ist es mit dem einmaligen Schneiden dann getan?

Nein, keineswegs. Wir pflegen den Weingarten laufend, da und dort wird später noch reduziert, Nebenaugen werden händisch entfernt. Wenn die Reben zu reich tragen, entfernen wir bis Juli auch Trauben. Weniger Traubenansatz bringt einfach eine höhere Qualität, wobei wir beachten, was wir mit den Trauben schlussendlich vorhaben.  Für Wein, den wir in der Flasche anbieten, zielen wir bei etwa 4.000 Pflanzen auf einen Ertrag zwischen 4.000 bis 7.000 Kilogramm pro Hektar. Bei den Grundweinen, die wir für die Sekterzeugung produzieren wollen, sieht das anders aus. Wir wollen da einen frischen Wein haben, der früher geerntet wird und zielen auf circa 8.000 Kilogramm pro Hektar ab.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Rebschnitt gekommen?

Sobald die Triebe verholzt sind, kann man mit dem Schnitt beginnen. Die Wintermonate eignen sich gut, weil alle Blätter abgefallen sind und die Saftruhe eintritt. Wir starten Ende November, Anfang Dezember, wobei uns heute Maschinen einen Teil der Arbeit abnehmen. Wir entfernen die Heftdrähte und das obere Drittel der Reben wird anschließend maschinell vorgeschnitten. Danach legen mein Bruder und ich selbst Hand an, heute zu unserer Erleichterung mit Akkuscheren, die ein schnelleres und nicht so ermüdendes Schneiden ermöglichen. Früher war die Sehnenscheidenentzündung vorprogrammiert – man glaubt ja nicht, wieviel Kraft es braucht, verholzte Reben abzutrennen! Insgesamt brauchen wir für unsere Weingärten rund zwei Monate, dann ist der Rebschnitt abgeschlossen.

Warum sehen die Weinstöcke nach dem Schnitt unterschiedlich aus?

Neben der Entscheidung für Qualität und Quantität spielt auch die Rebsorte eine Rolle. Stark wachsende Sorten vertragen einen Zapfenschnitt, andere haben so spröde Ruten, dass man nur ganz vorsichtig drangehen kann. Auch die Lage ist zu beachten. Das Burgenland ist weinbautechnisch gesehen ein Trockengebiet, daher lassen nur wenige Ruten am Stock, damit diesem nicht zu viel Kraft genommen wird. Die Höhe ist ebenfalls wichtig: In von Spätfrösten gefährdeten Lagen belassen wir mehrere Ruten am Stock. Frieren einige aus, bleiben immer noch die gewünschten ein bis zwei Ruten, die neue Triebe bringen.

Herr Weiss, woher haben Sie dieses umfassende Wissen?

Zum einen bin ich schon mit den Reben groß geworden, zum anderen habe ich die Höhere Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg absolviert. Anschließend habe ich mich als Student an der Universität für Bodenkultur in Wien zehn Jahre lang mit Mikrobiologie beschäftigt, hier besonders mit Resistenzzüchtungen. Pilze sind ja immer das größte Problem im Weingarten. Weiterbildung ist für mich nach wie vor sehr wichtig, denn wir wollen das Beste für Boden, Klima und Weingarten. So können wir unsere Gäste begeistern und unseren Nachfolgern gesunde und ertragreiche Gärten hinterlassen. Der Kreis muss sich schließen, nur dann arbeiten wir nachhaltig und mit der Natur.

 

SZIGETIS Weinwissen

Auge
Die Knospen des Rebstocks befinden sich in den Blattachseln der Knoten von einjährigen Trieben. Das Winterauge besteht aus mehreren Lagen von verholzten Hüllblättern, die die Anlagen des Neutriebs umgeben.

Rebstock
Als Reb- oder Weinstock wird die kultivierte Wuchsform der Weinrebe bezeichnet. Meist wird auf eine reblausresistente Unterlage ein Reis der gewünschten, edlen Rebsorte aufgepfropft. Je nach Erziehungsform erhält der Rebstock seine charakteristische Form.

Rute
Als Fruchtrute bezeichnet man den Trieb, der Weintrauben hervorbringt. Der junge, einjährige Trieb entwickelt sich im März bis April aus den Winteraugen. An den Knoten dieser Triebe entstehen Blätter, Blütenstände, Ranken und neue Triebknospen.

Reblaus
Dieser bis heute gefürchtete Schädling wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Nordamerika nach Frankreich eingeschleppt. Nach und nach verbreitete sich die Reblaus über ganz Europa, in Klosterneuburg wurde sie 1867 erstmals entdeckt. Die Verwendung von in Amerika entwickelten, resistenten Wurzelstöcken brachte zum Glück die Wende. Als Unterlage für Edelsorten werden diese bis heute verwendet. Der Befall mit der Reblaus führt durch deren Saugtätigkeit zur Schwächung der Pflanze bis zum Absterben.

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